Von the Image Report Mitbegründerin Sofia Bergmann
Dies ist die Erzählung eines Landes und seiner Nation, dessen Existenz bedroht ist. Die Mitbegründerin von the Image Report, Sofia Bergmann, lebte 2019 für ein halbes Jahr in Armenien und arbeitete als Journalistin für EVN Report. Während dieser Zeit bereiste sie die umstrittene Region Artsakh (Bergkarabach), wo der Konflikt in jüngster Zeit eine dramatische Wendung nahm. Die hier gezeigten Fotografien aus Artsakh stammen aus dem Jahr 2019, dem letzten Jahr des Friedens seit 1994, bevor 2020 der Krieg mit Aserbaidschan erneut ausbrach.
Die Konsequenz dieses Konflikt war Gewalt und die Einmischung in die Souveränität Armeniens. Seit Dezember 2022 leidet Artsakh unter einer verheerenden Blockade, die die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Gütern abschneidet. Dies kulminierte in einem Angriff Aserbaidschans auf Armenien am 19. September 2023, der zu ungefähr 100.000 geflüchtete Artsakh-Armenier gebracht hat, die vor Bomben und Gewalt aus ihrer Heimat nach Armenien (ein Nachbarland) durch die Berge reisen mussten. Große Teile von Artsakh gingen 2020 an Aserbaidschan verloren und jetzt auch die Hauptstadt Stepanakert. Artsakh wird ab Januar komplett Aserbaidschan gehören. Die in diesem Bericht gezeigten Orte sind buchstäblich in dem Konflikt verschwunden, der auf den Völkermord an den Armeniern zurückgeht und auch auf sowjetischen geopolitischen Entscheidungen basiert. Die Menschen, von denen hier die rede ist, sind entweder vertrieben worden, befinden sich derzeit geflüchtet oder erleiden noch schlimmere Schicksale.
„Ich wusste, dass sie die Kinder töten würden“, erzählt Galia (auf dem ersten Bild), während sie davon berichtet, wie sie während des ersten Krieges zwischen 1988 und 1994 ihre Kinder in Sicherheit brachte und in ihre Heimat Artsakh (der armenische Name für Bergkarabach) zurückkehrte. Artsakh ist eine ethnisch armenische autonome Nation, die derzeit von Aserbaidschan angegriffen wird und deren Existenz bedroht ist. In den 26 Jahren des Waffenstillstands seit 1994 wurde Artsakh wiederaufgebaut, es entwickelten sich Subkulturen und ein Hauch von Hoffnung erfüllte die Region.
Dennoch lebten die Menschen in ständiger Angst vor einem erneuten Ausbruch der Kämpfe, aber sie setzten sich weiterhin unermüdlich für eine würdige Zukunft ein. Trotz der weitgehenden Zerstörung während des Konflikts boten die Bemühungen zur Wiederherstellung kultureller Stätten, die atemberaubenden Berglandschaften, die aufkeimenden Subkulturen und Menschen wie Galia einen Hoffnungsschimmer für Artsakh. Tausende starben während des Krieges von 2020 auf beiden Seiten. Zehntausende in Artsakh wurden zu Flüchtlingen, einschließlich der Menschen in dieser Serie. Sieben Gebiete gingen verloren, ebenso wie fast 4.000 armenische Soldaten – darunter jugendliche Soldaten – und mehr als 80 Zivilisten. Es sind Aufnahmen aufgetaucht, wie die Nahaufnahme der Exekution armenischer Kriegsgefangener oder die Verstümmelung getöteter Soldaten, einschließlich der vulgären Schändung des entblößten Körpers von einer Soldatin Anush Apetyan.
Schwere Artillerie, unterstützt aus der Türkei, hat Armenien und Artsakh in einem ungleichen Kräfteverhältnis weitgehend unterlegen gemacht. Von Artsakh ist heute nur noch die Hauptstadt Stepanakert übrig geblieben, die über den Lachin-Korridor-Gebirgspass mit Armenien verbunden ist. Der Lachin-Korridor ist seit Dezember 2022 von Aserbaidschan blockiert, was die Bevölkerung von Artsakh von Nahrung und Versorgungsmitteln abschneidet. Diese Maßnahme wird neben der Gewalt auch als Kriegstaktik eingesetzt, wodurch die humanitäre Lage noch verschlimmert wird. Kriegsverbrechen, die von Aserbaidschan begangen wurden, sind Gegenstand von rechtlichen Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Parallel dazu hat Aserbaidschan trotz internationaler Bemühungen weiterhin Waffenstillstandsabkommen verletzt, einschließlich der jüngsten Angriffe auf Artsakh am 19. September 2023. Dies ereignet sich zeitgleich mit einer Vereinbarung der Europäischen Union mit Aserbaidschan, das nun als alternativer Gaslieferant für Russland dient, angesichts des andauernden Konflikts zwischen Russland und der Ukraine.
Die umfangreiche türkische Unterstützung in diesem Konflikt hat historische Wurzeln, die bis ins Jahr 1915 zurückreichen. Während der osmanischen Herrschaft wurde ein Völkermord an den Armeniern begangen, bei dem weite Teile des armenischen Territoriums ausgelöscht wurden. Dieie Türkei erkennt diese Verbrechen bis heute nicht als Völkermord an. Aserbaidschan fühlt sich eng mit der Türkei verbunden und teilt eine gemeinsame kulturelle und historische Identität. Die Spannungen in der Region zwischen Armeniern und Türken halten aufgrund dieser historischen Ereignisse und der damit verbundenen Konflikte weiterhin an. Die anhaltenden Spannungen führten dazu, dass Artsakh, obwohl es sich unter sowjetischer Herrschaft befand, seine Unabhängigkeit von Aserbaidschan erklärte. Der Zusammenbruch der Sowjetunion löste dann einen brutalen Krieg um die Region aus, die zwar autonom, aber international nicht anerkannt war. Während dieser Zeit war Armenien der einzige Verbündete von Artsakh und half bei der Verteidigung der Gebiete.
Dies führte schließlich zu einer Waffenstillstandsvereinbarung, die zwischen 1994 und 2020 Bestand hatte. Die unabhängige und demokratisch gewählte Regierung von Artsakh hat die armenische Währung eingeführt und unterhält enge kulturelle, historische und religiöse Verbindungen zu Armenien. Dies stärkt die gemeinsame Identität und Bindung zwischen den beiden Regionen. Seit der Erklärung der Autonomie von Artsakh haben viele aserbaidschanische Familien, die nach Aserbaidschan zurückgekehrt sind, ebenfalls erheblich gelitten und leben unter Bedingungen, die als slum-ähnlich angesehen werden können. Dies verdeutlicht die tiefgreifenden Auswirkungen des Konflikts auf die Menschen in der Region und die dringende Notwendigkeit, nach einer friedlichen Lösung zu suchen, um das Leiden und die Unsicherheit zu beenden.
Der aserbaidschanische Präsident Aliyev wurde international für seine Untätigkeit in den letzten Jahrzehnten kritisiert, um diesen Familien zu helfen, und in gewisser Weise schien er sie als Symbol für die armenische Aggression zu verwenden. Allerdings sind das Fehlen unabhängiger freier Medien oder demokratischer Wahlen in Aserbaidschan, zusammen mit einem ungünstigen Ruf in Bezug auf Menschenrechte und einem Informationskrieg in sozialen Medien, Faktoren, die die Vorstellung in Aserbaidschan genährt haben, dass Armenien der Aggressor sei. Es ist wichtig zu beachten, dass die Vereinten Nationen, die Vereinigten Staaten, Frankreich und andere Akteure Aserbaidschan als den Aggressor in diesem Konflikt bezeichnet haben.